Da kann kein anderes Land mithalten, in Glasgow begann die COP26 königlich. Zur Eröffnung am 01. November 2021 war eine Botschaft der Queen auf Schloss Windsor aufgezeichnet worden. Sie hoffe, hieß es darin, „…dass die Konferenz einer jener Momente sein werde, bei der alle die Politik des Augenblicks hinter sich lassen und über sich hinauswachsen würden.
Unsere Motivation sollte nicht die Angst sein, sondern die Hoffnung.
Der weltberühmte Tierfilmer Sir David Frederick Attenborough, 95 Jahre alt, appellierte in seiner Rede emotionaler. Im Angesicht des menschengemachten Klimawandels, der unsere Erde bedroht, stellte er die Frage: „Werden die Menschen dazu verdammt sein, nicht das große Ganze zu erkennen, bevor es zu spät ist?“ und kam selbst zu der Antwort „„We must use this opportunity to create a more equal world. And our motivation should not be fear, but hope.“
Sind in dieser 26. UN Klimakonferenz die Teilnehmer über sich hinausgewachsen und gibt es Anlass zur Hoffnung? Nach 14 Tagen kann man jedenfalls feststellen, dass sich das internationale Medieninteresse gewaltig gesteigert hat, wenn man dieses Treffen im Jahr 2021 mit der Pariser Konferenz 2015 vergleicht. Zu erkennen ist daran, dass die Welt die drohenden Zeichen der Zeit und die dringliche Notwendigkeit eines Wandels wahrnimmt. Aber folgt daraus auch der Mut zum Handeln? Man könnte schreiben, ja ein bisschen. Es gibt Initiativen, die mehr sicherlich mehr sind als Blah-Blah-Blah.
Bis 2030 Stopp der Waldzerstörung
100 Länder haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 die Zerstörung von Wäldern und anderen Landschaften zu stoppen. Darunter die Staaten, die 85 Prozent der weltweiten Waldfläche, also etwa 34 Millionen Quadratkilometer besitzen, und im Moment den größten Verlust an Wäldern zu verantworten haben, darunter Kanada, Brasilien, Kolumbien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo. Mit Beteiligung von Deutschland und der EU sollen dafür bis 2025 etwa 12 Milliarden US-Dollar (rund 10,3 Milliarden Euro) an öffentlichen Geldern investiert werden, plus 7,2 Milliarden US-Dollar an privaten Investitionen.
Energie-Partnerschaft mit Südafrika
Es wird eine neue Energie-Partnerschaft zwischen Deutschlands und Südafrika geben, die Vorbild für weitere afrikanische Länder werden soll. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller verkündete schon am 01.11., dass sich neben Deutschland auch Großbritannien, die USA, Frankreich und die EU dieser Partnerschaft mit Südafrika angeschlossen hätten. Ein kluger Deal, der sicher schon vor der COP26 eingefädelt wurde. Die Länder wollten zu dieser Prestige-Konferenz für den Umweltschutz nicht mit leeren Händen dastehen. Südafrika gewinnt seinen Strom noch fast zu 90 % aus Kohle. Ziel der Energie-Partnerschaft ist es, das Land dabei zu unterstützen, aus der Kohleverstromung auszusteigen.
Bis 2030 keine Kohle mehr aus Kanada
Joko Widodo, Premierminister von Indonesien mit Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, in der VVIP Lounge, Scottish Event Campus, am 1 November 2021. Wikimedia Commons
Kanada kündigte an, ab 2030 komplett auf Kohle generierten Strom verzichten zu wollen. Das Land verpflichtete sich, bis 2030 auch keine Kohle mehr zu exportieren. Die Regierung in Ottawa will im Gegenzug umgerechnet bis zu 700 Millionen Euro an internationaler Hilfen für das Umschwenken auf saubere Energien bereitstellen.
Das Aus für den Verbrenner – aber bitte nicht in Deutschland
30 Staaten, darunter Österreich, die Niederlande und Schweden, schlossen sich der britischen Initiative an, bis 2035 neue Pkws und leichte Nutzfahrzeuge ausschließlich emissionsfrei auf die internationalen Märkte zu bringen. Sechs große Automobilkonzerne General Motors, Ford, Mercedes, BYD, Volvo und Jaguar Land Rover machen bislang mit.
Dass die COP26 nicht nur ein Forum für Initiativen ist, sonder auch für Ausreden, bewies das deutsche Verkehrsministerium. Unser Schlaraffenland für Autobauer und Autofahrer, in dem es nach wie vor kein Tempolimit gibt, wird sich der Gruppe nicht anschließen – weil, so lautete die Begründung aus dem Verkehrsministerium, man auch auf den Antrieb mit synthetischen Kraftstoffen setzen wolle. Darauf muss man erst mal kommen.
Einheitliche Standards für das Paris Abkommen
Die Arbeitsgruppen konnten Lücken im Regelwerk schließen, das einheitliche Standards für den Klimaschutz festschreibt. So hat jetzt jedes Land, das 2015 das Klimaschutzabkommen unterzeichnete, die Pflicht, alle fünf Jahre weitere Klimaziele zu definieren.
Bittere Enttäuschungen
Die größte Enttäuschung gab es für die Länder, die an den steigenden Temperaturen keinerlei Anteil haben, weil sie zu klein oder zu arm sind für eine industrielle Struktur, aber die Folgen der Klimaerwärmung wie Dürren oder Überschwemmungen ausbaden müssen. Auch sechs Jahre nach Paris 2015, wurde lediglich beschlossen, einen Hilfsfond wegen entstandener Schäden einzurichten, in den die Verursacher-Staaten einzahlen sollen, ohne Nennung konkreter Länder, Termine oder Summen. Bezahlt werden soll aus dem Fond auch nur die technische Unterstützung. Dass dieses beschämende Ergebnis nicht so bleiben kann, wird vielen Umweltschutzorganisationen klar sein und das Nachdenken über internationale Rechtswege verstärken. Die betroffenen Länder brauchen keine mildtätigen Spenden, sondern Gerechtigkeit.
Mia Amor Mottley, Premierministerin von Barbados,
Build Back Better World, am 02.11.2021, Wikimedia Commons
Zum Abschied ein Aufruf: weitergehen
Die Standpunkte von 200 Staaten unter einen Hut zu bekommen, das dauert. Die COP26 ging deshalb bis Samstag Nacht in die Verlängerung. Immerhin hielt man in der Abschlusserklärung am 1,5-Grad-Limit der Erderwärmung fest. Die Emission der Treibhausgase soll dafür noch in den 2020er Jahren um 45 Grad reduziert werden.
Bis zuletzt wurde über die Fristsetzung des Kohleausstiegs heftig gestritten. China (höchster CO² Emittent) und Indien (an vierter Stelle der weltweiten CO² Emissionen) beharrten auf einen schrittweisen Abbau der fossilen Energie ohne weitere Angaben. Wegen der Wahrung dieser und anderer Eigeninteressen führte die COP26 nicht zum großen „Climate Deal“. Kein Staatsvertreter ist über sich selbst hinausgewachsen. Niemand konnte hier die große Bazooka auspacken, um mit einem Zauberspruch den Gefahren der Erderwärmung entgegenzutreten. Es bleiben viele kleine Schritte zum Ziel. Und die Losung heißt: weitergehen.
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Zum Climateaction-Umwelttracker -> https://climateactiontracker.org/
Titelbild: Der erste Tag, 01.11.21 Behind the Scenes at the COP26 Climate Change Conference 2021, Glasgow, Scottish Event Campus, Scotland. Photo Credit: Dean Calma / IAEA, Wikimedia Commons