Im Bundesprogramm „Biologische Vielfalt“ wurde ein Projekt gestartet, das neue Verfahren für die Begrünung von Dächern ausprobiert. Blütenreiche Wildpflanzen der heimischen Umgebung sollen auf Dächern Lebensraum für Insekten werden. Der Staat, d. h. das Bundesamt für Naturschutz, fördert das Projekt „DaLLî ‒ Extensive Dachbegrünungen in urbanen Landschaften als Lebensraum für Insekten“ mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit rund 545.000 Euro.
Mensch gegen Natur – der Flächenkonflikt
Das weltweite Insektensterben hat nicht nur mit Düngung, Pestiziden, Holzraubbau und anderen schädlichen Faktoren zu tun, sondern im Kern vor allem mit Fläche. Wofür werden Düngung und Pestizide eingesetzt? Für den Anbau von Nahrung, d. h. für Ackerflächen. Wofür werden weltweit die letzten Urwälder abgeholzt? Für Plantagenflächen, für den Anbau kilometerweiter Monokulturen wie Ölpalmen oder Sojapflanzen. Wofür wird hierzulande immer mehr Bauland freigegeben? Für dringend benötigte Wohnflächen. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Aber das Ergebnis wird immer gleich sein, die Natur verliert an Fläche. Weniger Fläche für die Natur heißt: weniger Pflanzenarten und damit weniger Lebensraum für Tierarten.
Mensch für die Natur – Flächenlösungen
Der Umkehrschluss ist demzufolge: wenn wir Arten schützen wollen, brauchen wir mehr Fläche für die Natur. Diese Flächen müssen sich an Orten finden lassen, in denen die Natur nicht in Konkurrenz zu unseren Bedürfnissen steht.
Naturschützer sind darin schon ausgesprochen erfinderisch geworden. Wo zum Beispiel spaziert der Mensch eher selten herum? Ja genau, auf dem Dach!
So eine Pflanzengesellschaft auf dem Dach muss einiges aushalten. Sie muss mit der stärkeren Sonnenstrahlung zurechtkommen, mit Trockenzeiten und mit Dauerregen, mit Frostperioden und wenigen Nährstoffen. In dem Projekt DaLLi sollen die Pflanzen darüber hinaus auch Insekten eine neue Heimat geben.
Schichtenaufbau eines Gründachs
Abb. Wikimedia, thingermejig – flickr.com, CC BY-SA 3.0
Es wird untersucht, wie Insekten von einer Dachbegrünung mit artenreichen, gebietseigenen Pflanzenmischungen und geeigneten Nistmöglichkeiten profitieren können. An sechs Modelldächern im Nordwestdeutschen Tiefland wird die Begrünung mit Wildpflanzen ausprobiert, die für die Region typisch sind.
Drei der sechs Gründächer mit regionalen Wildpflanzen werden durch die externen Kooperationspartner, die Alfred Töpfer Akademie für Naturschutz (NNA), die Friedrich Lütvogt GmbH & Co. KG sowie der GEWOBA AG, auf ihren Gebäuden angelegt. Träger des Projekts „DaLLî“ ist die Hochschule Osnabrück.
Für die interessierte Öffentlichkeit wird zudem eine Ausstellung zum Thema „Schutz und Entwicklung von Lebensräumen für Insekten“ unter besonderer Berücksichtigung von Gründächern erarbeitet. Darüber hinaus sind Umweltbildungsangebote für Schülerinnen und Schüler vorgesehen.
Titelbild: Gründach in Brüssel, Quelle: Wikimedia, Leclaire59, CC BY-SA 3.0