Update 11.06.2021
Jetzt ist es amtlich: mit 412 gegen 159 Stimmen wurde das neue deutsche Lieferkettengesetz vom Bundestag durchgewunken. Große Unternehmen müssen zukünftig Verantwortung dafür übernehmen, dass die Menschenrechte für Beschäftigte in ausländischen Zulieferfirmen respektiert werden. Kommt es zu Verstößen, kann das Wirtschaftsministerium Bußgelder verhängen. Geschädigte können mit Hilfe von Gewerkschaften vor deutschen Gerichten klagen. Große Wirtschaftsunternehmen befürchten einen extremen Bürokratieaufwand und eine Welle von Entschädigungsklagen.
Nächste Station der Lobby-Auseinandersetzungen: ein neues europäisches Lieferkettengesetz.
Update 13.02.2021
Am 12.02.21 einigten sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) zur Überraschung vieler auf einen Kompromiss im Entwurf des deutschen Lieferkettengesetzes. Es soll Mitte März im Kabinett verhandelt und noch vor der Sommerpause vom Deutschen Bundestag abgenommen werden. Die Befürworter versprechen sich damit vor allem eine Signalwirkung für ein europäisches Lieferkettengesetz.
Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten
Der Entwurf sieht vor, dass große deutsche Unternehmen die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten und Gewerkschaftsfreiheit bei ihren direkten Zulieferen nachweisen. Das könnten unter Umständen tausende Firmen sein.
Gäbe es Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen wie zum Beispiel Kinderarbeit müssten die Unternehmen den Hinweisen nachgehen.
Inkrafttreten ab 2023
Wegen der Belastungen der Wirtschaft durch die Corona Pandemie soll das Lieferkettengesetz erst ab 2023 für Firmen mit über 3.000 Beschäftigten gelten. Das würde 600 Firmen in Deutschland betreffen. Ab 2024 würde das Lieferkettengesetz auch für Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten wirksam werden.
Bußgelder aber keine Haftung bei Verstößen
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle soll über die Einhaltung des Lieferkettengesetzes wachen. Bei Verstößen kann es Bußgelder verhängen. Allerdings können die Unternehmen nicht wegen der Verstöße in Haftung genommen werden, was viele NGOs beklagen. Das Gesetz würde es ihnen und Gewerkschaftern lediglich erleichtern, Kläger vor Gericht zu vertreten.
Es bleibt abzuwarten, wir wirksam das Lieferkettengesetz sein wird, wenn es den Bundestag durchlaufen hat. Wird es ein Instrument sein, mit dem die Globalisierung ein kleines bisschen gerechter wird oder ein zahnloser Verwaltungsaufwand?
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07.02.2021
Noch keine Einigung beim Thema Lieferkettengesetz, sondern eine Vertagung. Das ist das Ergebnis einer Beratung der Regierungsspitzen am 05.02.21. Zeit, dem Durchschnittskonsumenten in unserem Land einen Brief zu schreiben, damit er weiß, warum das Lieferkettensetz auch in seinem Interesse vorankommen muss.
Lieber Verbraucher,
wo soll ich anfangen? Vielleicht bei Tomaten. Da musst du jetzt ganz stark sein. Denn die Wahrheit ist, diese netten italienischen Mamas, die Tarantella tanzend leckere Pastasoße einkochen, also die gibt es nicht wirklich. Das ist nur die halluzinogene Vorstellung von Werbefilmern, die zu viele Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.
Es kann sein, dass die Tomaten tatsächlich nicht ganz so lecker sind. Dass sie in China gezüchtet wurden, unter Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, die bei uns in Europa nicht eingesetzt werden dürfen. Geerntet, zerkleinert und vorgekocht von chinesischen Arbeitern, die dafür zehn Stunden am Tag für einen gotterbärmlichen Lohn schuften. Die vorbereiteten Tomaten werden in Stahlfässer verpackt und von China nach Italien verschifft. Zu einer italienischen Firma transportiert und in Gläser und Dosen umgefüllt, die die Aufschrift tragen „Hergestellt in Italien“. Das Ganze nennt sich nicht Beschiss, sondern Lieferkette.
Die Kennzeichnung ist legal, denn bei verarbeiteten Lebensmitteln entfällt die verpflichtende Angabe, wo sie herkommen. Auf der Verpackung muss nur eine Firma stehen, das kann der Hersteller sein, der Verpacker oder der Verkäufer.
Das schädigt nicht nur dich sondern auch die umweltbewußten Firmen, denen eine intakte Natur und kurze Transportwege wichtig sind. Die soziale Verantwortung übernehmen und gerechte Löhne zahlen. Sie haben das Nachsehen, weil ihre Produkte mehr kosten, ohne dass das für dich als Verbraucher nachvollziehbar ist.
Ein Lieferkettengesetz kann das ändern. Es kann Unternehmen verpflichten oder in Haftung nehmen, die im Ausland beschafften °Vorleistungsgüter oder Fertigerzeugnisse“ in allen Phasen ihrer Lieferkette auf etwaige umweltschädigende oder gegen die Arbeitsbedingungen verstoßende Produktionsverfahren zurückzuverfolgen.
Schon 2012 gab es dazu eine Petition für den Deutschen Bundestag, nach dem Brand der Textilfabrik Ali Enterprises in Pakistan, bei dem 262 Arbeiter*innen starben. In der Petition hieß es: Er „… möge beschließen, das Wirtschaftsministerium zu beauftragen, … ein Gesetz vorzulegen, in dem die Importeure von Waren aller Art strafbewehrt verpflichtet werden, die Handelsketten zu dokumentieren, den Kunden offen zu legen und nur für fair produzierte Waren zu sorgen.“ Die Petition Nr. 38699 fand damals online schlappe 314 Mitunterzeichner.
Fast zehn Jahre später hat sich die globalisierte Welt weiter verändert, nicht zu ihrem Vorteil. Deshalb braucht es deinen Einsatz, lieber Verbraucher. Lass dich nicht mehr länger für doof verkaufen. Engagiere dich für die Initiative -> lieferkettengesetz.de. Du stehtst damit nicht allein da. Die Initiative ist ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und Kirchen.
Vielen lieben Dank und viele Grüß: Deine Verbraucherfee
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