Im Vergleich zu den USA oder Brasilien ist Deutschland ein kleines Land mit 357.386 km². Aber immerhin gehören 32 % davon dem Wald. Allerdings gibt es in Deutschland keinen unberührter Urwald mehr. Urwald, das wäre Wald, in dem seit mehr als 450 Jahren kein Mensch mehr herumgewurschtelt hätte. Für einen derart ursprünglichen Wald müsste man in die Österreichischen Kalkalpen oder bis nach Slowenien oder Polen gehen.
Auch naturbelassene Wälder machen lediglich 1 % des deutschen Waldes aus. Aber dem Ziel, diese Marke auf 5 % zu heben, ist man ein Stückchen näher gerückt. Dank der bayerischen Forstministerin Michaela Kaniber stellt die bayerische Staatsregierung vier neue Naturwälder in Bayern unter Schutz.
Ungestörte Entwicklung der Waldgesellschaft
Das heißt diese Wälder dürfen ab 2020 nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt werden. Kein Baum soll mehr gefällt, kein Totholz mehr geräumt werden, damit die Entwicklung der „Waldgesellschaft“ ungestört ablaufen kann.
Die Waldgesellschaft, das sind die Baumarten, die sich für einen Wald zusammengefunden haben, und die Pflanzen- und Tierarten, die in dieses Netzwerk eingewoben werden. Im Laufe vieler Jahrzehnte sollen aus diesen Gemeinschaften wieder sekundäre Urwälder werden.
Nicht nur für den Naturschutz ist die politische Entscheidung ein großer Zugewinn. Die insgesamt 5.000 Hektar Wald werden nicht zugesperrt, sondern bleiben offen für Besucher, die ursprüngliche Naturerlebnisse suchen.
Der Knetzberger Bölgrund im Nordosten des Steigerwaldes
Der Bölgrund, ein ca. 1000 Hektar großes Schutzgebiet, war wegen der Hanglage sowieso forschwirtschaftliche schwierig oder kaum zu nutzen. Dafür ist das Gebiet eine der attraktivsten Landschaften im Steigerwald. Die Mischung aus Naturschutz, historische Bedeutung und Erholungswert zieht schon heute viele Ausflügler an. Das dort ausgewiesene Naturwaldreservat ist das größte in Bayern außerhalb der Alpen.
Die Isarauen, entlang der Isar von Garching bei München bis nach Landshut
Bis zu einem Kilometer Breite begleitet der Auwald die Isar auf einer Länge von insgesamt rund 50 Kilometern. Eschen, Eichen, Ulmen und Pappeln bilden ein weitgehend zusammenhängendes grünes Band von 2.430 ha Größe entlang des Mittellaufes der Isar, die von Weiden und Erlen gesäumt wird.
Naturwald „Irtenberger Wald“
Zwischen Würzburg und der Grenze zu Baden-Württemberg liegt der 510 Hektar große Naturwald Irtenberger Wald.
Der Irtenberger Wald war im späten Mittelalter fürstbischöfliches Jagdgebiet und blieb damit vor Rodungen geschützt. Auf Muschelkalk- und Lößböden wuchsen Buchenwälder mit natürlichen Eichenanteilen und ungewöhnlich vielen weiteren Mischbaumarten, u. a. Elsbeere, Speierling oder diverse Wildobstsorten. Die lange Laubwaldtradition ist Grundlage für eine ungemein hohe biologische Vielfalt. Die Bechsteinfeldermaus, der Mittelspecht, Hirschkäfer und Halsbandschnäpper haben sich hier niedergelassen.
Die reichhaltige Mischung der Laubbaumarten wird als besonders zukunftsfähig im Klimawandel angesehen.
Buchenwälder in der südlichen Frankenalb b. Kelheim
Der Naturwald reicht mit seinen 1.090 ha von den kostbaren Buchenwäldern im östlichen Teil des Hienheimer Forstes bis nahe an Dietfurt a.d.Altmühl. Berühmte Landschaftspanoramen sind der Donaudurchbruch mit seinen Felsmassiven und die Steilhänge entlang der Donau- und Altmühl. Die Wälder, Felsen und die Donau im Bereich der Weltenburger Enge zwischen Befreiungshalle und Kloster Weltenburg wurden im Februar 2020 zum ersten Nationalen Naturmonument Bayerns erklärt.
Von über 50 m hohen Eschen und mächtigen Eichen in Tälern bis hin zu niedrig wachsenden Eichen- und Buchen-Krüppelwäldern auf magersten Karststandorten bietet der Naturwald eine Bandbreite, die selbst auf nationaler Ebene herausragend ist. Hier kann man Eiben und die seltene Donau-Mehlbeere auf exponierten Felsköpfen entdecken. 435 Tiere und Pflanzen der Roten Liste fanden hier ihren Lebensraum.
Titelbild: Weltenburger Enge nahe Kloster Weltenburg, Wikimedia, Derzno
https://fgrdeu.genres.de/naturwaldreservate/details/