Zugvögel sind phänomenale Überlebenskünstler. Ein einzelner ist oft nur so groß, dass er in eine hohle Kinderhand passt. Aber in der großen Gruppe, im Vogelzug, wird er fähig, auf Tausenden von Kilometern Länder, 3000 m hohe Gebirgszüge und Meere zu überfliegen. Jede Zugvogelgeneration lernt aufs neue, Stürme, Wettereinbrüche, extreme Temperaturen und Wüsten zu überwinden. Den von Menschen geschaffenen Gefahren ist sie allerdings wehrlos ausgesetzt.
Gefahren von Menschenhand
Menschen machen sich zunutze, dass die gefiederten Reisenden in großen Schwärmen fliegen. Seit Jahrhunderten gibt es in südlichen Ländern die Tradition, Zugvögel zu fangen, entweder um sie als saisonale Delikatesse zu essen, oder sie gewinnbringend zu verkaufen. In früheren Jahrhunderten hat das nicht zu derart großen Einbußen am Bestand der Zugvögel geführt. Aber heute werden Zugvögel ohnehin dezimiert durch den Verlust an Lebensräumen, die Trockenlegung von Feuchtbiotopen als Rastplätze, den Einsatz von Pestiziden in Agrarlandschaften, Wolkenkratzern als Spiegelglasfallen, Windkraftanlagen und anderen Gefahren. Die Vogeljagd gibt ihnen den Rest.
In den Netzen der Händler
An der gesamten ägyptischen Mittelmeerküste werden zur Zeit der Vogelzüge die feinmaschigen Japannetze aufgespannt, in die Jahr für Jahr Millionen Vögel geraten, darunter Pirole, Wachteln und der vom Aussterben bedrohte Wiedehopf. Die Fänger brechen ihnen die Flügel und verkaufen sie lebend auf den Märkten.
Auf den Tellern der Feinschmecker
Trotz Jagdverbot geht man auf Malta, Gozo und Zypern mit Schrotflinten auf die Zugvogeljagd. Zur Saison sind die Felder übersät von leeren Patronenhülsen. In Frankreich und Italien fängt man Zugvögel mit Leimruten und Netzen. Sie werden als Leckerbissen für Gourmets gehandelt, die trotz besseren Wissens regional immer seltener werdende Arten verspeisen, wie die Fettammer (Ortolan).
Ein Komitee gegen den Vogelmord
Eine Art Schutzengel für die Gejagten ist das „Komitee gegen Vogelmord“, das jedes Jahr zur Zeit der großen Vogelzüge in den Jagdgebieten Südeuropas seine Camps aufschlägt. Mit Partnerverbänden in vielen europäischen Ländern und in Zusammenarbeit mit den örtlichen Polizeibehörden und Jagdaufsehern sammelt das Komitee Zehntausende von Fallen und Fangnetze ein und überführt bedenkenlose Wilderer.
2016 fanden zwischen Februar und Mitte Mai die Frühlingseinsätze statt. In elf Vogelschutzcamps in Italien, auf Malta und Zypern engagierten sich 88 Komitee-Mitglieder. Auf Zypern war die Wilderei so hoch wie seit Jahren nicht mehr.
Alle Einsätze werden aus deutschen Spendengeldern finanziert. Und wer den Eindruck hat, dass zum Schutz der gefiederten Flugkünstler Gesetze allein nicht ausreichen, kann sich an den Spenden gerne beteiligen unter:
http://www.komitee.de/content/spenden
Photo: männlicher Ortolan, Spanien – Quelle: Wikimedia Commons, Pierre Dalous