Dass der kleine Weiler Lützerath, zwischen Düsseldorf und Aachen gelegen, mal symbolische Bedeutung für die Klimapolitik erlangen sollte, hätten sich seine Bewohner wohl auch nicht träumen lassen.
Die letzten neun Bewohner verließen ihren Ort im Oktober 2022. Dafür trafen am 11.01.23 nicht nur mehrere Hundertschaften an Polizeieinsatzkräften, ca. 800 Klimaaktivisten und prominente Umweltschützer wie Luise Neubauer (Fridays for Future) und Martin Kaiser (Greenpeace) aufeinander.
Besitzt wer Recht hat, auch Vernunft?
Tatsächlich geht es nicht um Lützerath im Besonderen, sondern um die Braunkohle darunter. Die darf der Energieversorgungskonzern RWE abbauen und dafür Lützerath vollständig abreißen, um den Tagebau Garzweiler auszudehnen. Gerichtlich zugesprochen bekam RWE dafür das Recht.
Auch die Polizei hat das Recht, den Braunkohleort Lützerath zu räumen. Klimaaktivisten halten den Ort seit zwei Jahren besetzt und versuchen, die Räumung zu verhindern. Die Abriss- und Baumfällarbeiten sind angekündigt und werden wie geplant durchgesetzt.
Die Frage ist, ob wer Recht hat, auch Vernunft besitzt. Über 500 Wissenschaftler schlossen sich in einem offenen Brief der Initiative Scientists for Future an, in dem „substanzielle wissenschaftliche Zweifel“ geäußert wurden an der akuten Notwendigkeit einer Räumung und der Erschließung der Braunkohle für Energiesicherheit und Netzstabilität.
Lützerath, Symbol für eine verlogene Klimapolitik
Für Lützerath steht auch eine verlogene Klimapolitik. Bei der sehr viele wohltuende Reden gehalten, bei der viele Beschlüsse gefasst und niedergeschrieben werden, und dann? Dann macht man immer weiter so wie bisher.
Vielleicht leisten die Braunkohlevorräte unter Lützerath einen minimal kleinen Beitrag dazu, die temporäre Energiekrise zu verbessern. Keinesfalls verbessert ihre Nutzung durch RWE aber die Klimakrise, die global ist, mit katastrophalen langfristigen Folgen für uns alle.
Lützerath hätte ein Symbol dafür sein können, dass sich etwas ändert, im Denken und im Handeln in der Klimapolitik. Mit dem Abriss wird es zu einem Symbol für wirtschaftlichen Egoismus und altem Denken. Weg mit Lützerath und her mit der Braunkohle. Das hätte man auch 1960 schreiben können.
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„Wir können uns keine Kompromisse mehr leisten.“ Zum Statement von Prof. Niklas Hönne vom New Climate Institut zur Situation in Lützerarth im ZDF Heute Journal vom 10.01.23 ->https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/luetzerath-kohleabbau-klimaziele-hoehne-100.html
-> https://de.scientists4future.org/
Titelbild: Wikimedia Commons, Eigenes Werk von Achim Stump, Häuserfassade in Lützerath, Aufnahme vom 07.11.21