Der Bilowieza liegt zwischen Polen und Belarus (Weißrussland) und erstreckt sich auf einer Fläche von etwa 150.000 Hektar. Er ist einer der letzten erhaltenen Urwälder Europas und wurde zur Unesco-Weltnaturerbestätte erklärt. Der Wald hat einen hohen Anteil an über 100 Jahre alten Bäumen und bietet Lebensraum für etwa 20.000 Tierarten. Darunter der so gut wie ausgestorbene Wisent, der europäische Bison, und viele weitere Arten, die europaweit streng geschützt sind.
Der Bilowieza – Einnahmequelle und Politikum
Während Belarus das Jahrtausende alte Ökosystem auf seinem Gebiet komplett unter Naturschutz stellte, steht das Drittel des Urwaldes, das auf Polens Seite liegt, nur zu 15 % unter Naturschutz. Polen erlaubt seit 2016, das Abschlagen der Bäume in dem Gebiet des Weltnaturerbes auf das dreifache zu erhöhen. Als Grund wird der Befall von Borkenkäfern angegeben. Umweltaktivisten halten das für gelogen. Der Borkenkäfer kommt im Bilowieza nicht massiv vor. Er ist Teil eines gesunden Ökosystems der Bäume, die sich mit Harz gegen zu übermäßigen Befall schützen können.
Die eigenmächtige Abholzung stellt für die EU-Kommission eine „erhebliche Bedrohung“ des Natura-2000-Gebietes dar. Sie verklagte mit dieser Begründung Mitte Juli 2017 Polen vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Dieser erließ am 20. Juli 2017 eine einstweilige Verfügung, um das Fällen der Bäume zu stoppen. Umweltschützer schätzen, dass im Sommer 2017 trotzdem jeden Tag bis zu 300 Bäume gefällt wurden. 1)
Jetzt wies der Europäische Gerichtshof in einem Eilverfahren Polen an, das Abholzen im Bialowieza sofort einzustellen. Andernfalls drohe dem Land ein Zwangsgeld von mindestens 100.000 Euro – pro Tag. Das Zwangsgeld kann auch in Form von Kürzungen der EU-Fördermittel einbehalten werden.
Polen hat jetzt 15 Tage Zeit, dem Gerichtsbeschluss nachzukommen. Im Internet heißt es auf nationalkonservativen polnischen Seiten: Der Bilowieza gehört uns Polen und nicht der EU.
1) Mehr Hintergrundwissen bei der Zeit-Online
Karsten Kaminski, „Der Kampf um einen der letzten Urwälder Europas“
Titelbild: Wisent (europäischer Bison), Henryk Kotowski, Wikipedia, CC BY-SA 3.0